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Montag, 28. November 2011

Stuttgart 21: Miese Tricks und Medien-Propaganda beeinflussen Abstimmungs-Ergebnis

Die Entscheidung ist gefallen. Das Projekt Stuttgart 21 wird durchgeführt. Ministerpräsident Winfried Kretschmann spricht von einem großen Tag für die Demokratie.

Es war aber kein großer Tag für die Demokratie, sondern ein großer Tag für Anti-Demokraten, ein großer Tag für die zahlreichen "über die Köpfe der Leute"-Entscheider.
Das Ergebnis wurde beeinflusst.
Durch Tricks und Medien-Propaganda, wie ich nun genauer erläutern werde.

Das Projekt gegen Stuttgart 21 war zum Scheitern verurteilt, bevor die Abstimmung überhaupt stattfand. Mich überrascht vielmehr, dass sich noch immer über 41 Prozent der Abstimmenden gegen das Projekt aussprachen. Gegen das Projekt? - ähm oder etwa doch dafür? Ja was eigentlich. Das führt uns gleich zu Trick Nummer Eins.

Trick Nummer Eins: Die Fragestellung

Die Abstimmung wurde so gehandhabt, dass die Projektgegner für "Ja" stimmen mussten. Bin ich gegen etwas, benutze ich normalerweise das Negativum, ich sage "Nein". So ist unsere Wahrnehmung, so sind wir gestrickt. Der Aufbau der Fragestellung sorgte für einige Verwirrung.
Die Frage bei der Volksabstimmung lautet: "Stimmen Sie der Gesetzesvorlage 'Gesetz über die Ausübung von Kündigungsrechten bei den vertraglichen Vereinbarungen für das Bahnprojekt Stuttgart 21' (S21-Kündigungsgesetz) zu?" Gegner des Projekts votieren mit "Ja", also für einen Ausstieg des Landes aus der Finanzierung des Projekts. Befürworter kreuzen "Nein" an.
Viele Menschen verstehen die Fragestellung bei der bevorstehenden Volksabstimmung allerdings nicht. Jeder Zehnte weiß laut Umfrage offenbar nicht, wofür genau die "Ja"- und die "Nein-Stimme" zählt. Immerhin jeder Sechste (17 Prozent) geht sogar fälschlicherweise davon aus, dass man mit einer "Ja"-Stimme den Weg für den Weiterbau frei macht. Quelle : swr.de

 Tick Nummer Zwei: Drohung

"Deutsche Bahn"-Chef Rüdiger Grube drohte damit, Schadenersatz in Höhe von 1,5 Milliarden einzufordern, falls das Ergebnis der Abstimmung nicht seinen Wünschen entspricht. Also 1,5 Milliarden Euro für nichts, standen 4,5 Milliarden an Kosten für die Durchführung von Stuttgart 21 gegenüber. Da denkt sich Mensch doch: O.K. - bevor ich für nichts und wieder nichts zahle, sollen sie den Kasten eben bauen. 
Als Grund für die Fortsetzung des Bahnprojekts werden am häufigsten die Ausstiegskosten genannt.  Quelle: swr.de
Das führt uns gleich zu:

Trick Nummer Drei: Die Menschen vor vollendete Tatsachen stellen

Der Trick ist ganz einfach. Man fixiert alle Verträge, beginnt mit dem Bau und erst dann wird das Volk befragt. Ansonsten würde Trick Nummer Zwei (Drohung) ja gar nicht funktionieren. In Österreich haben wir damit schon leidliche Erfahrung gemacht. Bruno Kreisky stellte uns ein fertiges Atomkraftwerk hin, danach lies er abstimmen. Damals hat der Trick noch nicht funktioniert. Das Atomkraftwerk wurde nicht in Betrieb genommen, die Kosten blieben. Besser funktionierte die Geschichte schon in Sachen Euro-Fighter. Da wurde in den Verträgen festgelegt, dass man die komplette Summe für die Abfangjäger hinblättern muss, egal ob man sie letztendlich haben will oder nicht. Aufgrund dieser Tatsache brauchte eine Volksabstimmung erst gar nicht mehr durchgeführt werden.

Trick Nummer Vier: Die Bedingungen für Volksabstimmungen des Landes Baden-Württemberg

Das es genau in Baden-Württemberg geschieht, wenn eine Direkte Demokratie mal ihren Einzug findet, ist nicht weiter überraschend. In Baden-Württemberg müssen über ein Drittel der Berechtigten zur Abstimmung gehen - fast ein Ding der Unmöglichkeit. Man bedenke die niedrige Wahlbeteiligung heutzutage bei Parlamentswahlen. Da ist es klar, dass man diese Hürde bei einer Sachfrage nur schwerlich überwindet.

Trick Nummer Fünf: Umfragen

In den Medien wurde schon zuvor verdeutlicht, dass die Projekt-Gegner keine Chance hätten. Das sollte die Menschen veranlassen zu resignieren. Bei der Ungenauigkeit der Meinungsumfragen wundert es mich, dass diese immer wieder Einzug in die Titelseiten der Zeitungen halten. Außerdem waren die Meinungsumfragen mit Suggestivfragen durchtränkt.

Das unter diesen Vorzeichen ein Volksabstimmung von Statten ging, kommt nicht von ungefähr. Stuttgart 21 war nicht nur eine Protestbewegung gegen ein Projekt, Stuttgart 21 war vielmehr das Sinnbild für den Wiederstand gegen Ausbeutung, Wirtschafts- und Finanzdiktatur. Menschen aus ganz Deutschland sammelten sich in Stuttgart, um gegen das derzeitige System zu demonstrieren.

Die Niederlage der Projekt-Gegner soll vor allem eines suggerieren: Ihr seit in der Minderheit. Schon heute las ich einige Jubelmeldungen der Neolibs & Neocons, die lauten Menschen, die Systemkritisierer und Finanzregime-Gegner seien eben nicht die Mehrheit. Das wird jetzt natürlich auch auf Protestbewegungen wie Occupy umgemünzt werden.

Das Ungeheuer Kapitalismus hat erneut einen Sieg davongetragen. Die Schlacht ist verloren - der Krieg noch lange nicht.

Peter van Dorren

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