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Dienstag, 11. Oktober 2011

Wie die Banken unsere Demokratie unterwandern.


Täglich werden wir Zeuge, wie ein entfesseltes Finanzsystem Wirtschaft, Wohlstand und Gesellschaft gefährdet. Börsen spielen verrückt, Märkte geraten außer Kontrolle und Hedgefonds wetten gegen den Euro.
Die Politik wirkt hilflos und getrieben. Wie ein kleines Kind, dass dem Geschehen nur mit offenem Mund staunend folgen kann. Ebenso sogenannte Experten und Ökonomen.

Noch 2008 forderten alle lautstark eine Zähmung des Finanzmarkts. Doch wo sind die Reformen geblieben? Wo sind die Regeln, die dem maßlosen Treiben Einhalt gebieten?
Nirgends! Die Lobbyisten haben einen guten Job gemacht. Konkreter: Die Lobbyisten des IIF.

Das Institute of International Finance (IIF) ist ein Zusammenschluss großer Finanzinstitute. Das IIF hat 400 Mitgliedsunternehmen in 70 Länder und schließt fast alle Hauptakteure der Branche ein, darunter Banken, Investmentbanken, Versicherungen und Investment Management-Firmen. Es koordiniert die Zusammenarbeit des Bankensektors in den Hauptbereichen Forschung und Lobbying.
Das IIF trat im Juni 2010 bei seinem Kongress in Wien durch gezielte Meinungsmache gegen eine schärfere Finanzmarktregulierung im Zuge des Gesetzespakets Basel III hervor. Im Juli 2011 übernahmen die europäischen Finanzministern ein Papier des IIF über die Beteiligung privater Gläubiger an der Rettung Griechenlands als „Roadmap“für die weitere Vorgehensweise.

Das IIF hat ein perfektes Lobbying-System entwickelt. Die wichtigsten Institute sind von ihnen unterwandert.

Wie beispielsweise die Kommission in Brüssel. Hier werden die europäischen Gesetze entworfen. Die Vorschläge für diese Gesetze erarbeiten Expertengruppen. Doch in diesen sitzen fast nur Finanzlobbyisten.
Ein tragisches Beispiel: In der Expertengruppe für Bankenregulierung sitzen fast ausschließlich Vertreter der Banken. Den Teufel werden diese tun und sich selbst regulieren. Wie sieht diese Übermacht in konkreten Zahlen aus?

Die Kommission hat 260 Experten, die sie bei der Regulierung des Finanzmarkts beraten sollen. Doch 200 dieser 260 kommen direkt von der Finanzindustrie.
Yiorgios Vassalos (NCO Corporate Europe Observatory)

Damit wird das System zementiert, das uns in die Krise geführt hat. Die Finanz-Lobbyisten in diesen Expertengruppen haben den Gesetzgeber fest im Griff.

Doch das IIF hat nicht nur auf die Kommission überwältigenden Einfluss, sondern auch auf das Parlament. Die Gesetzesvorlagen die hier landen sind sowieso den Banken wohlgesonnen. Im Parlament werden sie nochmals nachpoliert. Die Finanzlobby bearbeitet jeden Abgeordneten der für die Finanzgesetzgebung zuständig ist.

Sven Giegold, EU-Abgeordneter, GRÜNE-Fraktion: "Die Finanzmarktlobbys sind absolut erfolgreich. Das sieht man daran, dass die Anträge, die sie einem vorformulieren und die sie mehr oder weniger an alle relevanten Abgeordneten schicken, tatsächlich im Gesetzgebungsverfahren landen. Sehr oft werden die entsprechenden Texte von Kollegen eingebracht und dann auch tatsächlich beraten."

Zwei, die besonders oft einen Änderungsantrag einbringen, der sich mit dem der Finanz-Lobbyisten wortwörtlich deckt sind die EU-Abgeordneten von der CSU Balz & Ferber.

Ein Monitor-Reporter fragt nach:


Reporter: "Wir haben ganz einfach verglichen, Ihre Änderungsanträge mit den Papieren in der Lobby-Organisation. Und da sieht man eigentlich, dass Sie die Vorschläge 1:1 übernommen haben, wenn Sie mal reingucken.

Burkhard Balz, EU-Abgeordneter, CDU: "Das kann eigentlich so in der Form nicht sein, und auch eigentlich nicht unbedingt so gewesen sein. Ich gucke mir, wie gesagt, viele Sachen an und schaue dann und entscheide dann letztendlich, was ich für Änderungsanträge einbringe."

Reporter: "Ja, aber Sie übernehmen sogar den Originaltext. Und das ist von der Argumentation vollkommen identisch."

Burkhard Balz, EU-Abgeordneter, CDU: "Ja, ja, das ist doch schön. Wenn andere Organisationen eine Meinung haben, und ich vielleicht zufällig auch mal diese Meinung habe."

Reporter: "Ja, aber dann haben Sie ..."

Burkhard Balz, EU-Abgeordneter, CDU: "Es spricht doch in keiner Weise etwas dagegen, wenn ich aufgrund meines beruflichen Hintergrundes dementsprechend und mit meiner Sachkenntnis hier Meinungen vertrete. Die können doch auch durchaus mal mit Institutionen aus der Finanzbranche übereinstimmen."

Noch origineller ist die Erklärung des Abgeordneten Markus Ferber von der CSU. Nicht er habe die Vorschläge der Börsenlobby übernommen, sondern sie von ihm.


Markus Ferber, EU-Abgeordneter, CSU: "Hier ist von Seiten der Börsen ein Vorschlag unterbreitet worden, der sich mit meinen Überlegungen gedeckt hat. Dass das dann in ein Grundsatzpapier gewandert ist, das entzieht sich meiner Kenntnis, das habe ich auch erst später festgestellt."

Das kann eigentlich nicht sein. Vom Dezember 2010 ist der Vorschlag des Börsenvereins, auf Englisch, ein entscheidender Absatz zur Einschränkung von Leerverkäufen soll entschärft werden. Fast wortgleich, auch auf Englisch, findet sich diese Passage bei Ferber, einen Monat später. Tatsachen - doch der Abgeordnete bleibt dabei, irgendwie habe man ihm seine Ideen geklaut.

Reporter: "Das verstehe ich nicht, Herr Ferber, wirklich nicht."

Markus Ferber, EU-Abgeordneter, CSU: "Ja, aber wie soll ich es Ihnen noch sagen?"

Reporter: "Die machen ein Papier, die schlagen vor: soundso stellen wir uns das vor."

Markus Ferber, EU-Abgeordneter, CSU: "Ich führe mit denen ein Gespräch, ich werde mit denen keins mehr führen, ja. Weil ich so eine - Entschuldigung - Verarschung auch nicht über mich ergehen lasse. Ich führe mit denen ein Gespräch, ich entwickele Ideen, wie man das Ganze machen könnte, die schreiben es in Positionspapiere. Meinen Sie, ich komme mir da toll vor?"


Ja, wenn sein Gesetzestext zufällig mit dem der Lobbyisten übereinstimmt und zwar wortwörtlich, dass ist doch wünschenswert, oder?
Wie ihr seht, machen sich diese Leute über uns lustig. Sie pfeifen auf die Demokratie. Sie pfeifen auf das Volk als oberster Souverän.

In jeder WIRKLICHEN Demokratie würde die Polizei mit Blaulicht vorfahren und diese beiden Herren abholen. Ab in die U-Haft mit ihnen! Da wir aber KEINE wirkliche Demokratie mehr sind, machen sie weiter und werden noch fürstlich mit unserem Steuergeld belohnt (neben der Lobbyisten-Gage, die sie sich zusätzlich ins Säckchen stecken).

Peter van Dorren

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